Filter ermöglichen dir beim Fotografieren verschiedene Effekte – manche davon wurden im Zeitalter der digitalen Fotografie nutzlos. Allerdings gibt es nach wie vor Filter, die sich durch die digitale Bildbearbeitung nicht erübrigt haben. Dazu zählt auch die „Sonnenbrille für dein Objektiv“: der ND-Filter. Wir erklären dir seine Funktionsweise und was du damit machen kannst.
Einen Neutraldichte-Filter, kurz ND-Filter (engl. Neutral Density Filter), schraubst du auf das Objektiv, um das einfallende Licht zu dämmen. Er wird auch Graufilter genannt und ist ein wichtiges Zubehör in der Fotografie. Er fungiert nämlich wie eine Sonnenbrille für dein Objektiv. Was passiert, wenn du mit bloßem Auge in die Sonne schaust? Es dauert nicht lange und du siehst nur noch „weiß“.
Bei strahlendem Sonnenschein setzt du dir daher eine Sonnenbrille auf. Dadurch wird ein Teil des Lichts, das durch das Brillenglas fällt, verschluckt oder reflektiert. Es kommt jedenfalls nicht in dein Auge. Außerdem wird es dunkler. Dein Kamerasensor lässt sich mit der Iris des menschlichen Auges vergleichen, auch er kann „geblendet“ werden. Das ist auch hier der Fall, wenn zu starkes Licht einfällt. Folglich wird dein Bild zu hell oder du kannst es nicht verwenden. Ein ND-Filter sorgt dafür, dass weniger Licht auf dem Kamerasensor ankommt. Dadurch ist es notwendig, länger zu belichten. Du musst die Blende weiter öffnen oder die ISO erhöhen, dadurch wird dein Bild nicht zu dunkel.
Wann brauche ich einen ND-Filter?
Die Fotografie bietet dir verschiedene Möglichkeiten, einen ND-Filter zu verwenden. Generell wird dieser eingesetzt, um bei Tageslicht Langzeitbelichtungen vornehmen zu können. In der Regel ist das nicht notwendig. Du benötigst einen ND-Filter erst dann, wenn du trotz Einstellung der gewünschten maximalen Blendenzahl nicht lange genug belichten kannst. Also, ohne dass dein Foto zu hell wird. Außerdem führt die Langzeitbelichtung – je nach Aufnahmesituation – zu einigen tollen Effekten. Und diese kannst du für faszinierende Fotos nutzen. Oft sind in der Landschaftsfotografie längere Belichtungszeiten erforderlich:
Nebel- bzw. Schleiereffekt bei fließendem Wasser
Die Rede ist hier z. B. von beeindruckenden Aufnahmen von Wasserfällen, die wie ein weißer Dunst oder Nebel erscheinen. Dieser Effekt lässt dein Bild wie verzaubert wirken. Erreichen kannst du das weder mit Photoshop noch anderweitig. Fließende Gewässer – egal ob Wasserfall, Fluss oder Bach – in Nebel zu verwandeln, ermöglicht dir nur die Langzeitbelichtung. In einem dunklen Waldabschnitt mit wenig Sonne kannst du dies mitunter auch ohne Filter umsetzen. In der Regel brauchst du dafür aber einen ND-Filter.
Glättender bzw. Spiegeleffekt bei ruhiger Wasseroberfläche
Mit der Langzeitbelichtung ist es nicht nur möglich, Wasser zu verwischen bzw. weichzuzeichnen. Nutzt du sie bei ruhigem Gewässer, ergibt sich ein einmaliger Spiegeleffekt. Das heißt, das Wasser erscheint wie eine spiegelglatte Fläche. Bewegungen lassen sich nicht mehr erkennen.
Dramatische Wolkenstimmung mithilfe des Wischeffekts
Eine Langzeitbelichtung sorgt bei vorbeiziehenden Wolken für atemberaubende Effekte in deinem Foto. Dadurch bringen diese Bewegung und eine besondere Dynamik ins Bild. Je nach Windbedingungen genügt die dazu erforderliche Belichtungszeit von einigen wenigen bis zu 100 Sekunden, aber manchmal auch mehr.
Besonders beeindruckend wirkt übrigens ein Bild, bei dem du die verschiedenen Effekte kombinierst. Ein Foto, das sowohl verwischte Wolken als auch einen Schleiereffekt im Wasser zeigt, mutet geradezu malerisch an. Neben diesen kreativen Effekten hat die Langzeitbelichtung aber noch weitere Vorteile. Mit ihr kannst du sich bewegende Objekte aus deinem Foto verschwinden lassen.
Dieser Effekt ermöglicht es dir, zum Beispiel bei überlaufenen Sehenswürdigkeiten Fotos ohne Menschen aufzunehmen. Du kannst sie quasi menschenleer machen. Das funktioniert allerdings nur, wenn sich alle störenden Objekte in Bewegung befinden. Sitzt jemand oder verweilt an einem Ort, wird dieser stets zu sehen sein, egal wie lange die Belichtungszeit ausfällt. Dennoch wird dein Foto schließlich weniger überfüllt wirken als ohne Langzeitbelichtung.
Tolle Stimmungen bei Porträts
Mitunter ist ein ND-Filter auch in der Porträtfotografie sinnvoll. Und zwar dann, wenn du eine tendenziell offene Blende, um den Hintergrund unscharf zu gestalten, und eine kurze Belichtungszeit verwendest. Vor allem bei Outdoor-Aufnahmen morgens oder abends bei tiefer Sonne kann der Lichteinfall auf den Kamerasensor extrem ausfallen. Mit einem ND-Filter kannst du dann gegen die Sonne fotografieren. Dadurch lassen sich faszinierende Stimmungen festhalten. Pack also generell bei gutem Wetter einen ND-Filter ein.
Was bewirkt ein ND-Filter?
Du hast bereits erfahren, dass du damit bei Tageslicht Langzeitbelichtungen durchführen kannst. Außerdem weißt du schon, warum das gelegentlich notwendig ist und vor allem, welche tollen Effekte du damit erzielst. Weil ein Foto bei Tageslicht aber bereits bei einer Belichtungszeit von einer Sekunde völlig überbelichtet (also weiß) wäre, verwendest du einen ND-Filter. Dieser Filter ist gleichmäßig abgedunkelt. Das bewirkt, dass sich die Lichtmenge, die auf deinen Kamerasensor trifft, reduziert – wie bei einer Sonnenbrille. Somit kannst du die Belichtungszeit trotz hellen Lichtbedingungen verlängern.
Was bedeutet der Ausdruck „Neutraldichte“?
„Neutral“ heißt in diesem Fall, dass der Filter die Farbwiedergabe oder -intensität nicht beeinflusst. Die Bezeichnung „Graufilter“ verweist übrigens nicht darauf, dass Grautöne herausgefiltert werden. Es bedeutet, dass die Filter in verschiedenen Intensitäten/Abstufungen grau eingefärbt sind.
Welche verschiedenen Stufen der ND-Filter gibt es?
ND-Filter sind in verschiedenen Stufen bzw. Stärken erhältlich. Die beliebtesten sind 8x, 64x und 1000x. Die Bezeichnungen liefern die Erklärung gleich mit: Mit einem ND-Filter der Stufe 1000x kannst du 1000x länger belichten, als normale Lichtbedingungen es zulassen würden. Außerdem gibt es variable ND-Filter. Bei diesen kannst du die Intensität selbst einstellen, du musst nicht mehrere Filter übereinander aufs Objektiv schrauben. Allerdings ist es mit einem stufenlosen ND-Filter schwieriger, zu berechnen, wie viel Belichtungszeit/Blendenstufen du schließlich gewinnst.
Wie berechnet man die richtige Belichtungszeit?
Die Stärke deines ND-Filters verweist also darauf, um wie viel du länger belichten kannst. Beträgt die optimale Belichtungszeit bei deiner Kamera beispielsweise 1/10 Sekunde, sind es mit einem 1000x ND-Filter 100 Sekunden.
Tipp: Verwende die „Zeitautomatik“ – auch als Blendenvorwahl bezeichnet! Du legst dann also die Blendenöffnung fest. Deine Kamera berechnet automatisch die passende Belichtungszeit. Dadurch erhältst du in den meisten Fällen ein gutes Ergebnis.
Was ist nun die Schwierigkeit bei der Berechnung der Belichtungszeiten? Diese werden stets in Zehntel oder Hundertstel angeführt. Um zu einem Resultat gelangen, musst du also wenigstens die Basics des Bruchrechnens beherrschen.
Ein Beispiel:
Deine Kamera zeigt dir 1/10 Belichtungszeit ohne Graufilter an und du verwendest einen 1000x Filter. Dann beträgt die neue Belichtungszeit 1/10 x 1000 = 100 Sekunden.
Bei 1/10 oder 1/100 fällt dir das Rechnen vermutlich noch nicht schwer. Anders sieht das aus, wenn es um Belichtungszeiten von 1/250 oder 1/320 geht. Das wird mitunter mühsam, wenn das Mathewissen schon etwas verstaubt ist. Abhilfe schafft hier dann der Taschenrechner deines Smartphones. Außerdem gibt es mittlerweile auch schon Apps für diese Aufgaben.
Übrigens sind die ND-Filter nicht immer 100 Prozent korrekt. Fertige daher stets einige unterschiedliche Aufnahmen an. Solltest du z. B. 9 Sekunden mit Graufilter belichten, dann mach auch Aufnahmen mit 8, 10 und 11 Sekunden Belichtungszeit. Später am Computer kannst du dann herausfinden, welches Resultat das beste ist.
Welche Angaben gibt es auf einem ND-Filter?
-
ND-Wert: Diesen haben wir dir bereits erklärt. Ist auf dem Filter ND2 angegeben, dann ist es ein linearer Verlängerungsfaktor. Das bedeutet: Mit diesem ND-Filter kannst du die Verschlusszeit um das Doppelte verlängern.
-
NDx-Wert: Manchmal wird ein Wert in der Form „NDx 3.0“ angeführt. Hier handelt es sich dann um eine logarithmische Angabe. Das heißt: Diese 3.0 lassen sich nicht als Verlängerungsfaktor interpretieren. Hier ergibt sich der Verlängerungsfaktor dann aus 10 hoch 3.0. Das ergibt 10 x 10 x 10 = 1000. In diesem Fall lässt sich die Belichtungszeit somit um das Tausendfache verlängern.
-
Gewindegröße in mm: Der Filter passt nur dann auf das Objektiv bzw. lässt sich korrekt aufschrauben, wenn die Gewindegröße passt. Das bedeutet: Die Diagonale deines Objektivs muss mit der Angabe auf dem ND-Filter übereinstimme. Die Größe deines Objektivs ist auf diesem angeführt. Übrigens musst du nicht für jede Objektivgröße einen eigenen Filter kaufe. Verwende einfach sogenannte „Step up-„ oder „Step down-Ringe“. Dabei handelt es sich um Adapterringe für deine Objektive. Mit diesen kannst du einen bestimmten Umfang erreichen.
ND-Filter sind, wie erwähnt, in verschiedenen Stärken erhältlich. Hier gilt: Je höher diese ist, desto dunkler der Filter und desto länger die Belichtungszeit. Bei schlechten Lichtbedingungen genügt in der Regel ein 8-fach-Filter (Stärke ND 0.9), bei mehr Licht ein 64-fach-Filter (Stärke ND 1,8), bei starker Sonneneinstrahlung empfiehlt sich die ND-Filter-Variante 1000-fach (Stärke ND 3.0).
Wichtig: Fokussiere, bevor du den ND-Filter auf das Objektiv schraubst – anderenfalls wirst du zum Beispiel bei einem 1000-fach-Filter nur noch Schwarz sehen.
Neutraldichte NDx |
Durchlässigkeit |
Verlängerungsfaktor (Beispiel: ND2) |
Anzahl der Blendenstufen |
0,0 |
100 % |
1 |
0,0 |
0,3 |
50 % |
2 |
1,0 |
0,45 |
35 % |
3 |
1,5 |
0,6 |
25 % |
4 |
2,0 |
0,9 |
12,6 % |
8 |
3,0 |
1,0 |
10,0 % |
10 |
3,3 |
1,2 |
6,3 % |
16 |
4,0 |
1,8 |
1,6 % |
64 |
6 |
2,0 |
1,0 % |
100 |
6,6 |
3,0 |
0,1 % |
1.000 |
10 |
4,0 |
0,01 % |
10.000 |
13 |
5,0 |
0,001 % |
100.000 |
17 |
6,0 |
0,0001 % |
1.000.000 |
20 |
7,0 |
0,00001 % |
10.000.000 |
23 |
8,0 |
0,000001 % |
100.000.000 |
27 |
Eckige oder runde ND-Filter verwenden?
Generell sind ND-Filter in zwei Varianten erhältlich. Zum einen sind es eckige Filter: Dabei handelt es sich um Einsteck- oder Einschubfilter, quadratische Scheiben aus Kunststoff oder Kunstharz. Diese steckst du in eine spezielle Haltevorrichtung und diese wird vorne am Objektiv befestigt. Dadurch bist etwas flexibler – du kannst die ND-Filter sogar bei Ultraweitwinkel-Objektiven mit gewölbter Frontlinse einsetzen. Allerdings ist das Kunstharz optisch echtem Glas gegenüber im Nachteil. Außerdem ist der Filterscheibenrand aufgrund der fehlenden Fassung anfälliger für Beschädigungen. Zudem kannst du mit einem eckigen Filter die Gegenlichtblende nicht verwenden.
Viele bevorzugen runde ND-Filter. Diese lassen sich in die Schraubfassung an der Vorderseite deines Objektivs einschrauben. Bei einem gleichmäßig eingefärbten ND-Filter ergibt sich dadurch kein optischer Nachteil. Du musst lediglich für jedes Objektiv mit einem anderen Frontdurchmesser einen eigenen Filter besorgen. Oder du nutzt die bereits erwähnten Adapter, um das Gewinde zu reduzieren. Ein Nachteil ist, dass bei starken Weitwinkelobjektiven der Rand des runden ND-Filters nicht zu hoch ausfallen darf. Andernfalls bilden sich Abschattungen in den Ecken des Fotos. Zwei oder noch mehr ND-Filter zu kombinieren, ist hier kaum möglich. Erhältlich sind spezielle „Slim“-Fassungen, diese sind bedeutend niedriger. Hier gibt es nämlich kein Gewinde zum Einschrauben eines weiteren ND-Filters.
Achte beim Kauf eines ND-Filters außerdem unbedingt auf die Vergütung des Filterglases. Wichtig ist, dass „Multicoating“ angeführt ist. Dann hast du es nämlich mit einem mehrfach beschichteten ND-Filter zu tun. Und das sorgt nicht nur dafür, dass dieser schmutzabweisend ist. Auch die optische Qualität ist eindeutig besser.
Hallo Martin,
ich fotografiere seit über 30 Jahren mit der analogen Nikon-Spiegelreflexkamera F4s. Mein Haupteinsatzgebiet ist die Landschaftsfotografie. Vor allem haben mir es Wasserfälle angetan. Ich verwendete in der Regel Diafilme Fuji Velvia 50 und hatte vor den verwendeten Objektiven zwei Filter, einen B+W-Zirkularpolfilter und einen B+W-Farbkorrekturfilter KR 3, um zum einen Spiegelungen herauszufiltern und zum anderen wärmere Farben zu bekommen. Es kamen auch gelegentlich Weitwinkelobjektive mit den Festbrennweiten 20 mm, 24 mm und 28 mm zum Einsatz. Um die Gefahr von Vignettierungen bei zwei übereinander am Objektiv angebrachten Filtern zu verhindern, hatte ich mir schon früh überbaute B+W-Filter besorgt bzw. Filter mit größerem Durchmesser gekauft und diese mit Adapteringen an die Objektive adaptiert. Mit dieser Vorgehensweise hatte ich nicht nur Geld gespart, sondern auch Vignettierungen vermieden. Außerdem nutzte ich die Zeitautomatik und wählte eine Blende mit einer hohen Blendenzahl, zur Not auch mal Blende 22. In den meisten Fällen kam ich so auf Belichtungszeiten über 1 Sekunde und zu dem von mir geschätzten Wischeffekt beim Wasser. Ganz selten brauchte ich noch zusätzlich einen Graufilter.
Leider waren mir in den letzten Jahren einige F4s kaputt gegangen, die sich auch nicht mehr reparieren ließen, weil es keine Ersatzteile mehr bei Nikon gab Deshalb habe ich mich jetzt schweren Herzens dazu entschlossen, in die Digitalfotografie einzusteigen.
Da stellt sich nun die Frage, wie ich das mit dem Wischeffekt auch mit einer Digitalkamera hin bekomme. Das erste Problem stellt sich schon bei der Kamera ein. Die Untergrenze bei der nativen ISO-Zahl liegt selbst bei einigen Nikon-Profikameras bei 100. Man kann zwar teilweise geringere ISO-Zahlen an den Kameras einstellen, sog. äquivalente ISO-Zahlen, aber dies geht vermutlich auf Kosten der Bildqualität. Mal angenommen, ich stelle die Kamera auf ISO 100 ein. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass ich dann nicht mehr auf Belichtungszeiten über 1 Sekunde kommen werde, sofern ich so vorgehe wie in der analogen Vergangenheit. Die einzige Möglichkeit böte dann nur noch der Graufilter. Und da ich den Zirkularpolfilter nicht missen möchte, muss ich zwangsläufig Zirkularpolfilter und Graufilter übereinander schrauben. Ich würde mir dann auch Filter mit einem größeren Durchmesser kaufen und Adapterringe benutzen, um Vignettierungen zu vermeiden. Auf einen Farbkorrekturfilter würde ich ganz verzichten und versuchen, wärmere Farben über die Farbtemperatureinstellung in der Kamera vor dem Fotografieren bzw. bei der Bildnachbearbeitung nach dem Fotografieren zu bekommen.
Oder ich müsste tiefer ins Portemonnaie greifen und eine Digitalkamera kaufen, die, wie z.B. die Nikon Z 7 II, eine Untergrenze der nativen ISO-Zahl von 64 hat. Da ist ISO 50 nicht mehr weit. Eine Korrektur um 1/3-Blendenstufen von ISO 64 auf ISO 50 wird sich bei der Bildqualität wohl nicht so stark bemerkbar machen.
Wie siehst Du das mit dem Einsatz von zwei Filtern übereinander, dem Einsatz von größeren Filtern und Adapterringen und dem Kauf einer hochpreisigeren Profikamera?