Moderne Objektive sind Luxus pur. Neben hochwertigen Linsen und einem schnellen Autofokus ist oft ein Stabilisator verbaut. Fotografieren ohne Bildstabilisator geht aber durchaus.
Doch zuerst einmal: Ein Bildstabilisator ist eine tolle Sache, weil die Technik leichte Verwackler ausgleicht. Das verspricht dir knackscharfe Bilder, die du sonst wegen Unschärfe löschen würdest. Doch ist der „Stabi“ daher auf Teufel komm raus nötig? Nein. Im Gegenteil: Objektive mit Bildstabilisator bringen sogar einige Nachteile mit sich.
Erklärt: So funktioniert ein Bildstabilisator
Klären wir aber erst einmal, wie ein Bildstabilisator wirkt. Das ist recht einfach. Sensoren messen Erschütterungen, die wiederum einen Prozessor „füttern“. Dieser errechnet die nötigen Gegenmaßnahmen und steuert so eine bewegliche Linse im Objektiv. Schon ist die Erschütterung ausgeglichen und der Verwackler vermieden. Zumindest bis zu einem gewissen Grad.
Macht ein solcher Stabi also Sinn oder nicht? In der Regel schon. Denn bei der Fotografie frei Hand wirst du schnell eines merken: Du kannst nicht stillhalten. Dazu sind wir Menschen physisch gar nicht in der Lage. Irgendein Muskel, irgendein Nerv zuckt immer. Die Folge: du zitterst. Der eine mehr, der andere weniger.
Ohne Verwackler: Was ist die Freihandgrenze?
Zumal noch das Gewicht der Kamera dazukommt. Eine Spiegel der Einsteigerklasse wiegt schon allein 500 Gramm. Mit einem Tele steigt das Gewicht auf ein Kilo und mehr. Mit ruhig halten ist da nichts. Hier kommt übrigens die sogenannte Freihandgrenze ins Spiel. Laut dieser muss die Belichtungszeit mindestens der Brennweite entsprechen. Bei 50 mm solltest du also eine Verschlusszeit von 1/50 s einstellen. Bei einem 200-mm-Tele 1/200 s. Minimum wohlgemerkt.
Kleines Aber: Diese Werte gelten bei einer Vollformat. Bei einer Cam mit APS-C Sensor kommt dagegen der Cropfaktor von 1,5 (Nikon 1,6) dazu. Entsprechend steigen die Werte auf 1/75 s (1/80 s) bzw. 1/300 s (1/320 s). Bei einer spiegellosen MFT liegt der Faktor teilweise sogar noch höher.
Tipps zum Fotografieren ohne Bildstabilisator
Was das nun konkret heißt? Dass du mit diesen Werten an der Grenze zur (Un)Schärfe arbeitest, was der Bildstabilisator jedoch ausgleicht. Was aber, wenn kein Stabi verbaut ist? Dann hast du vier Möglichkeiten:
1. Reduziere die Belichtungszeit
Stell’ die Belichtungszeit kürzer ein. Beispiel 50 mm (Vollformat): Statt 1/50 belichte einfach mit 1/100 s.
2. Öffne die Blende
Alternativ kannst du die Blende um zwei, drei Stufen öffnen. So bekommst du mehr Licht auf den Sensor und kannst die Belichtungszeit stabil halten. Das Problem: Dafür nimmt die Tiefenschärfe ab.
3. Erhöhe den ISO
Oder du erhöhst den ISO. So kannst du an Belichtungszeit und Blende festhalten. Doch auch hier gibt es wieder ein Aber: Mit höherem ISO nimmt das Bildrauschen zu. Diesem kannst du immerhin in der Bildbearbeitung entgegenwirken.
4. Nutze ein Stativ
Die vierte Option: Nutze ein Stativ. So kannst du länger belichten, ohne Belichtungszeit, Blende oder ISO zu verstellen. Manko: Eine Langzeitbelichtung ist keine Option für Motive, die sich bewegen. Zum Beispiel Katzen, Hunde, Vögel, Autos, spielende Kinder und und und.
Ein Bildstabilisator korrigiert nämlich nur „interne“ Erschütterungen. Nicht aber Bewegungsunschärfe, also sich bewegende Objekte.
Kontra Bildstabilisator: Die Nachteile der Technik
Übrigens: Der Bildstabilisator verspricht nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. So kostet die Technik mitunter bis zu 100 Prozent Aufpreis. Objektive ohne Bildstabilisator sind somit (deutlich) günstiger. Sony oder Olympos verbauen den Stabi daher direkt in der Kamera. Nikon, Tamron oder Canon wiederum in den Objektiven. Achte mal auf die Regler für VR (Vibration Reduction) bei Nikon sowie Tamron oder IS (Image Stabilizer) bei Canon.
Davon abgesehen mindert die Technik aufgrund ihrer Bauweise die Bildqualität. Zwar nur dezent, aber immerhin. Obendrein kann der Stabi bei Videos unschöne Effekte ergeben, wenn du die Kamera schwenkst. Wie so oft ist die Technik also Fluch und Segen zugleich.