Du willst in die Welt der Porträtfotografie eintauchen? Eine prima Idee. Nur welches Objektiv ist für Porträts die bessere Wahl? 35 mm oder doch lieber 50 mm? Die Brennweiten im Lens-Aid Fakten-Check.
Eines vorweg: Das eine, zu 100 Prozent richtige Objektiv gibt es in der Porträtfotografie nicht. Zum einen spielen hier persönliche Vorlieben eine Rolle. Zum zweiten deine Hardware. Was hast du für eine Kamera? Eine Vollformat? Oder eine mit APS-C Sensor? Schon sind 35 mm nicht mehr 35 mm, weil du bei der APS-C den Crop-Faktor beachten musst.
Starten wir daher mit der Technik…
Vollformat & APS-C: Warum 35 mm nicht 35 mm sind
Eine Vollformat setzt die aufgeschraubte Brennweite eins zu eins um. Pflanzt du deiner Kamera also ein 35-mm-Objektiv auf, „siehst“ du auch 35 mm. Pflanzt du dagegen ein 50-mm-Objektiv auf, „siehst“ du 50 mm. Bei einer APS-C ist das anders.
Wegen des kleineren Sensors kommt hier der gerade genannte Crop-Faktor hinzu. In der Regel misst dieser 1,6 (z.B. Canon), bei Nikon 1,5. Heißt: Knipst du mit einem 35-mm-Objektiv, sieht deine Kamera 52 bis 56 mm. Bei einem 50-mm-Objektiv sogar 75 bis 80 mm. Damit ist der Bildausschnitt – trotz gleicher Brennweite – deutlich kleiner.
Apropos: Bei einer Vollformat entsprechen 50 mm unserem menschlichen Blickwinkel. Bei einer APS-C wären es dagegen 35 mm.
Brennweiten-Vergleich: 35 mm gegen 50 mm
Schauen wir uns nun die Brennweiten im Vergleich an. Auch hier zeigen beide Optionen recht interessante Unterschiede. Und zwar diese…
1. Bildwinkel
Zum einen den Blickwinkel. Selbst wenn du beim 35 mm den Abstand zum Motiv verringerst, um die gleiche Motivgröße zu erreichen, hast du einen anderen Blickwinkel. Die Größe des Motivs kannst du mit etwas Bewegung also durchaus angleichen.
Bereits widerlegt ist hingegen die Annahme vieler Fotografen, die Brennweite würde Einfluss auf die Perspektive haben.
2. Bildwirkung
Entsprechend kann die Bildwirkung total verschieden ausfallen. Weil ein 35 mm halt mehr Weitwinkel ist, ein 50 mm dagegen Normalwinkel. Somit hast du bei 35 mm mehr auf dem Bild, obwohl du sogar näher an deinem Motiv dran bist. Vorder- und Hintergrund sind daher im direkten Vergleich niemals gleich.
3. Verzerrung
Wobei ein 35 mm sogar heikel sein kann. Bist du deinem Model zu nah, können 35 mm verzerren. Plötzlich ist die Nase viel zu lang. Das schaut dann natürlich – sorry – blöd aus. Mit einem 50 mm passiert das dagegen nicht, weil du ein bisschen mehr Abstand hast.
4. Tiefenschärfe
Dafür nimmt mit mehr Brennweite die Tiefenschärfe ab. Eine 50-mm-Brennweite verspricht dir in der Porträtfotografie also eine bessere Freistellung deines Modells als ein 35-mm-Objektiv. Somit kannst du einen vielleicht weniger schönen Hintergrund besser verwischen. Wobei du bei Porträts auf diesen schon achten solltest.
5. Bokeh
Mit weniger Tiefenschärfe ist dir außerdem ein schöneres Bokeh gewiss. Ein paar Lichter im Hintergrund verwandeln sich so zu geheimnisvollen unscharfen Lichtern und sorgen damit für eine gewisse Stimmung.
Was ist nun in der Porträtfotografie besser?
Und das Fazit? Eindeutig uneindeutig. Weil jede Brennweite ihre Vor- und Nachteile hat. Und ihre Fans. Unser Buddy Frederic Grandt schwört zum Beispiel auf 35 mm. Ein anderer sagt dagegen 50 mm. Ein Dritter rät sogar zu 85 mm.
Ein Vorteil von mehr Brennweite ist zudem der Punkt, dass du mehr Distanz zu deinem Model wahren kannst. Schüchterne Menschen danken es dir, denn die Nähe eines Fremden – nämlich deine als Fotograf – kann diese abschrecken. Zumal wie gesagt auch deine Kamera mitentscheidet. Hier übrigens ein Vergleich Vollformat vs. APS-C.
Immerhin: Festbrennweiten sind in der Regel günstiger als Zoom-Objektive. Willst du richtig sparen, kannst du es mit gebrauchter Technik probieren. Oder leih‘ dir ein Objektiv.
Viel Spaß beim Testen!